- Ethik – Was ist das eigentlich?
- Warum ist Ethik ein wichtiges Schulfach?
- Normen und Werte – Die Grundlagen unseres Verhaltens
- Was sind normative und deskriptive Ethik?
- Sind Werte Fakten?

Max (stürmt durch die Tür und wirft seinen Rucksack auf den Boden): „Lena, ich weiß echt nicht, was ich machen soll.“
Lena: „Hey, was ist los? War was in der Schule?“
Max (seufzt): „Ach, Ben und ich machen zusammen ’ne Präsentation für Geschichte. Aber rate mal, was er gemacht hat: nichts! Ich hab alles allein vorbereitet, und was er mir heute geschickt hat, ist eins zu eins von ChatGPT kopiert. Und als ich ihn drauf angesprochen hab, meinte er nur, dass ich nicht so ’nen Aufriss machen soll. Jetzt steh ich hier – wenn ich es durchgehen lasse, kassier ich selbst ’ne schlechte Note. Aber wenn ich was sage, dann bin ich der Arsch und Ben flippt aus.“
Lena (zieht eine Augenbraue hoch): „Oh Mann, das klingt echt nach ’ner blöden Zwickmühle. Könntest du das denn ausnahmsweise so stehen lassen und vergessen? Ohne dass es dir lange nachhängt?“
Max (zögert, dann schüttelt er den Kopf): „Nee, nicht wirklich. Es fühlt sich einfach unfair an. Aber … ich will auch nicht den Moralapostel raushängen lassen. Und auch keinen Stress mit Ben.“
Lena: „Klar, versteh ich. Ist dir wichtig, was er denkt?“
Max (senkt den Kopf): „Ja … Ich mein, Ben und ich hängen seit Jahren zusammen rum, schon seit der Grundschule, und es war immer entspannt. Ich hätte nicht gedacht, dass er sowas abziehen würde.“
Lena (verzieht nachdenklich das Gesicht): „Wäre es vielleicht ’ne Möglichkeit, ihm klarzumachen, warum du dich so fühlst?“
Max (zieht die Stirn kraus): „Also … ihm sagen, dass er halt wenigstens einen Teil selbst machen soll, weil ich mir so ’ne Mühe gegeben hab? Ach, Lena. Seit wann mach ICH mir Gedanken um Prinzipien?“
Lena: „Vielleicht, weil es für dich eben um mehr geht als nur um ’ne Note. Nämlich darum, dass er dich hängen lässt. Sag ihm, dass du dich nicht ausnutzen lassen willst. Vielleicht versteht er’s dann. Und selbst wenn nicht, weißt du, dass du’s versucht hast. Das ist schon mal viel wert.“
Max (nickt langsam): „Ja, vielleicht hast du recht. Dann hab ich ihm wenigstens ’ne Chance gegeben. Wenn er’s dann immer noch nicht checkt, ist das sein Problem. Dann muss ich’s halt irgendwie dem Lehrer sagen.“
Lena: „Das klingt nach einem Plan. Wenn du ehrlich zu dir selbst bist, dann ist das am Ende meistens der beste Weg – auch wenn’s der schwerere ist. Denn egal, wie es ausgeht, du bleibst dir treu. Wenn Ben ’nen echten Kumpel in dir sieht, wird er das auch kapieren. Und wenn nicht, kann es dir eh egal sein.“
Ethik – Was ist das eigentlich?
Max lehnte sich zurück und schien nachdenklich, als wäre da ein Gedanke, der tief in ihm arbeitete.
„Du, Lena“, murmelte er schließlich, „ist das eigentlich Ethik? Also … sich so ’nen Kopf zu machen, was richtig ist?“
Lena grinste. „Genau. Bei Ethik geht’s darum, herauszufinden, was richtig und falsch ist, was fair ist und was nicht.“
Max sah seine Schwester an, als würde ihm gerade ein Licht aufgehen. „Okay, also ist Ethik so etwas wie … über Regeln nachdenken?“
Max hat recht. Stell dir Ethik wie einen Wegweiser vor, der dir in schwierigen Situationen zeigt, was du tun könntest – oder besser lassen solltest. Doch Ethik ist nicht einfach so entstanden, weil Menschen dachten: „Hey, Regeln machen Spaß!“ Wir brauchen sie, weil das Leben manchmal … na ja, ziemlich verwirrend sein kann.
Ethik fragt uns also nicht, was wir wollen, sondern was wir tun sollten. Klar, manchmal überschneidet sich das, aber nicht immer. Wie bei Max, der überlegen muss: Bleib ich loyal gegenüber Ben – oder handle ich danach, wie ich mich wirklich fühle?
Ethik vs. Moral – Ein kleiner Unterschied
Du denkst vielleicht: „Moment mal, heißt das nicht Moral?“ Nicht ganz, aber fast. Während Moral uns eher sagt, was wir tun sollen, fragt Ethik: Warum sollten wir das tun? Sie will es genauer wissen und gräbt tiefer. Sie ist quasi der Detektiv unter den Lebensregeln.
Hier mal eine kleine Geschichte: Es ist Frühstückspause und du siehst jemanden aus deiner Klasse, der kein Essen dabei hat. Die Moral – das sind die Tugenden und Werte, die du zum Beispiel von deinen Eltern und Lehrern, der Gesellschaft oder deiner Religion gelernt hast – würde dir vielleicht sagen: „Du solltest dein Brötchen mit deinem Mitschüler teilen. So ist es richtig, so macht man das.“
Die Moral sagt also, was in einer Gesellschaft als gut und schlecht gilt. Oft sind moralische Regeln über viele Jahre gewachsen, und sie geben uns eine Art Anleitung, wie wir uns verhalten sollen. Moralisch ist das, was die meisten Leute als richtig ansehen, ohne groß zu hinterfragen – so wie Freundlichkeit, Gerechtigkeit oder Ehrlichkeit.
Und Ethik? Sie will wissen, warum du das Brötchen teilen solltest. Sie fragt: „Was macht diese Handlung eigentlich gut? Ist es, weil du deinen Mitschüler gern hast? Oder weil du ein schlechtes Gewissen hättest, wenn du es nicht tätest?“ Ethik ist sozusagen das kritische Nachdenken über Moral. Sie hinterfragt, ob moralische Regeln wirklich immer passen oder fair sind.
Ethik ist also etwas flexibler und individueller. Während Moral (von lateinisch moralis → „sittlich“) dir oft klare Antworten gibt, hilft dir Ethik (von lateinisch ēthica → „Moralphilosophie“, nach gleichbedeutend griechisch ἠθικά), mehr darüber herauszufinden, warum du tust, was du tust. Denn nicht alles, was moralisch „richtig“ ist, fühlt sich in jeder Situation gut an.
Warum ist Ethik ein wichtiges Schulfach?
„Also muss ich jetzt immer alles infrage stellen, was ich tue?“, fragte Max skeptisch.
Lena lächelte. „Na ja, du kannst. Aber keine Sorge, du musst nicht stundenlang über jede kleine Entscheidung grübeln. Ethik ist eher für die Momente da, in denen dich dein Gewissen plagt.“
Schulunterricht bringt euch oft Mathematik, Naturwissenschaften und Sprachen bei. Diese Fächer gelten als wichtig, während Ethik mit Sport, Musik und Kunst eingereiht wird und als … naja, tendenziell vernachlässigbar gilt. Doch sind die Fragen des Alltags, die einen Unterschied machen – wie wir uns gegenüber anderen verhalten sollten oder wie man herausfindet, was gerecht ist –, wirklich so belanglos? In diesem Kapitel erzähle ich euch, warum Ethikunterricht wichtiger ist, als ihr glaubt.
1. Entscheidungen treffen und sich selbst verstehen
Stell dir vor, du stehst vor einer schwierigen Entscheidung: Da ist vielleicht ein Freund, der dich um etwas bittet, was sich für dich nicht in Ordnung anfühlt. Machst du mit, um ihm zu gefallen, oder hörst du auf dein Bauchgefühl? Oder du musst entscheiden, ob du jemanden in Schutz nehmen sollst, der etwas Verbotenes getan hat. Sollen wir immer ehrlich sein, ohne Ausnahme? Wo ziehst du die Grenze, und wie würdest du das finden, wenn es dich betrifft? Solche Situationen, für die es kein klares „So macht man das“ gibt, begegnen dir immer wieder – in der Schule, in der Freizeit, später im Beruf.
Im Ethikunterricht geht es darum, wie du solche Entscheidungen triffst und was „richtig“ oder „falsch“ in verschiedenen Situationen überhaupt bedeutet.
2. Verschiedene Sichtweisen kennenlernen und respektieren
Ein weiterer Grund, warum Ethik so wichtig ist, liegt darin, dass wir alle in einer vielfältigen Welt leben. Menschen denken unterschiedlich, haben andere Überzeugungen und Werte. Im Ethikunterricht lernst du, die Perspektiven anderer nachzuvollziehen, und siehst, dass es oft mehrere Wege gibt, über ein Problem nachzudenken. Das ist gerade in unserer Zeit wichtig, wo jeder auf Social Media schnell seine Meinung teilt und hitzige Diskussionen entstehen. Ethik hilft dir, Dinge aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und Verständnis für andere zu entwickeln, ohne sie sofort zu bewerten.
3. Die großen Fragen der Menschheit verstehen
Wer bin ich? Warum gibt es Gerechtigkeit? Was ist Liebe? Solche Fragen treiben Menschen schon seit Jahrtausenden um. Ethikunterricht ist wie eine Entdeckungsreise in die Welt der großen Denker: Von Sokrates bis Kant, von Aristoteles bis Simone de Beauvoir. Die Gedanken dieser Philosophen helfen dir, auf neue Ideen zu kommen und über Themen nachzudenken, die man sonst selten im Alltag bespricht. So lernst du, nicht nur blind Regeln zu folgen, sondern zu hinterfragen, warum sie überhaupt da sind und welche Rolle sie spielen.
4. Verantwortung für die Welt und andere übernehmen
Ethik hat viel mit Verantwortung zu tun. Wir leben nicht allein, und unser Handeln beeinflusst oft andere Menschen, Tiere und die Umwelt. Im Ethikunterricht geht es darum, wie wir diese Verantwortung übernehmen können. Ein Beispiel: Ihr besprecht das Thema Umweltethik – du erfährst mehr darüber, wie Konsum und Nachhaltigkeit zusammenhängen. Das kann dich dazu anregen, deinen Lebensstil zu überdenken und auch in deinem Umfeld Dinge zu verändern.
5. Ethik – ein Fach für Kopf und Herz
Ethik ist ein Fach, das nicht nur deinen Kopf, sondern auch dein Herz anspricht. Es geht darum, wie wir ein gelungenes Leben führen und wie wir in einer Gemeinschaft gut zusammenleben können. Du lernst, deine Gefühle besser zu verstehen, aber auch zu hinterfragen, wann sie dich beeinflussen – und wann es sinnvoll ist, den Kopf entscheiden zu lassen.
Ethik hilft dir, über dich selbst nachzudenken und herauszufinden, was für ein Mensch du sein willst und welche Entscheidungen langfristig für dich gut sind. Sie ist wie ein Werkzeugkasten, dank dem du dich anderen gegenüber ehrlich verhalten kannst, ohne dich selbst zu verbiegen. Denn im Endeffekt führt uns Ethik dazu, die Fragen zu stellen, die uns helfen, mit unseren Entscheidungen leben zu können.
Das Beste daran: Ethik wächst mit dir. Was du heute über dich und dein Handeln lernst, wird dich ein Leben lang begleiten. Und es geht nicht darum, alles perfekt zu machen, sondern mit dir selbst im Reinen zu sein und gute Beziehungen zu anderen aufzubauen.

Normen und Werte – Die Grundlagen unseres Verhaltens
In deinem Alltag prasseln ständig Ansagen auf dich ein, was du tun oder lassen solltest, und vielleicht nervt das manchmal. „Mach deine Hausaufgaben!“, „Sei ehrlich!“, „Teile mit deinen Geschwistern!“. Manche Regeln hast du wahrscheinlich schon so oft gehört, dass sie dir ganz selbstverständlich vorkommen – und genau hier landen wir bei dem Begriff, den wir Normen nennen.
Normen sind Erwartungen, die festlegen, wie wir uns verhalten sollen. Sie sagen uns, was „normal“ ist, wie zum Beispiel:
- Im Bus älteren Menschen einen Platz anbieten: Das zeigt Respekt und Rücksichtnahme.
- Pünktlich zu Verabredungen kommen: Eine Art, Wertschätzung für die Zeit anderer zu zeigen.
Normen geben uns ein Verhalten vor, das das Zusammenleben in der Gemeinschaft oft einfacher macht. Sie sind also wie eine Art „Verkehrsregeln“ des täglichen Lebens.
Aber was steckt eigentlich hinter diesen Normen? Warum glauben wir, dass wir etwas tun oder lassen sollten? Hier kommen Werte ins Spiel.
Werte sind unsere Überzeugungen darüber, was uns wichtig ist. Jeder Mensch hat Werte, und obwohl sie sich oft ähneln, sind sie trotzdem einzigartig für jede Person. Beispiele für Werte sind:
- Ehrlichkeit – Wenn dir dieser Wert wichtig ist, versuchst du, ehrlich zu sein, und erwartest auch von anderen Ehrlichkeit.
- Hilfsbereitschaft – Menschen, die Hilfsbereitschaft als Wert sehen, möchten für andere da sein und helfen, wenn sie können.
Werte sind tief in uns verankert und treiben uns an, unser Verhalten nach ihnen auszurichten. Wenn dir also Ehrlichkeit wichtig ist, wirst du wahrscheinlich auch dann die Wahrheit sagen, wenn es unangenehm wird – einfach, weil das zu deinen innersten Überzeugungen passt.
Wie Normen und Werte zusammenspielen
Stell dir vor, du bist mit deinen Freunden unterwegs, und einer von ihnen lässt Müll einfach auf die Straße fallen. Die Norm sagt dir, dass Müll auf den Boden zu werfen schlecht ist – in vielen Städten gibt es sogar ein Bußgeld dafür. Aber wenn du den Wert Umweltfreundlichkeit in dir trägst, spürst du zusätzlich, dass es sich falsch anfühlt, die Umwelt zu verschmutzen.
Obwohl es manchmal herausfordernd ist, sich an Normen zu halten oder seinen Werten treu zu bleiben, sind sie wie unsichtbare Leitplanken, die uns helfen, unseren Weg durchs Leben zu finden – und uns selbst dabei immer besser kennenzulernen.
Normen helfen dir, in der Gemeinschaft zu wissen, was von dir erwartet wird, Werte zeigen dir, was dir wirklich wichtig ist – und oft stimmen sie überein, aber eben nicht immer. Manchmal kann es also sein, dass du eine Norm in Zweifel ziehst, weil dein Wert dir sagt, dass sie nicht passt.
Halloween, spät abends in der Küche. Max stochert mit einem Löffel lustlos in einer Schale Müsli herum.
Lena (kommt mit einer Tasse Tee dazu): Hey, alles okay bei dir? Dein Müsli hat nichts falsch gemacht, oder?
Sie entdeckt eine halb geöffnete Stofftasche neben ihm, aus der viele kleine bunte Plastikverpackungen herausschauen.
Lena: Das sieht doch nach erfolgreicher Beute aus. Wie viele Häuser habt ihr heimgesucht?
Max (zieht eine Grimasse): Ziemlich viele. Aber irgendwie … hab ich am Ende gar keinen Bock mehr gehabt.
Lena: Was denn, zu wenig Schokolade?
Max (schüttelt den Kopf): Nee, zu viel Müll. Als ich den Beutel vorhin ausgeleert hab, sah’s aus, als hätte ich ’nen Gelben Sack geklaut. Überall Plastik. Aber alle fanden’s super.
Lena (setzt sich, schaut auf die Verpackungen): Ja, das ist schon irre, wenn man’s mal so sieht.
Max: Das ist doch totaler Müll im doppelten Sinn. Ich red in der Schule ständig über Umweltschutz, und dann stapel ich selbst Berge von Einwegzeug zu Hause.
Lena (nickt): Klingt, als hättest du grad ’nen echten Werte-Clash.
Max (grinst schief): Ja, so nach dem Motto: „Süßes oder sauberes Gewissen.“
Lena (lacht): Gar nicht schlecht! Vielleicht machst du da draus deine eigene Halloween-Aktion.
Max: Ich mein, Halloween soll ja Spaß machen. Aber irgendwie fühl ich mich mies. Ich wusste ja, dass der ganze Kram am Ende im Müll landet.
Lena: Da hast du wirklich ein ethisches Problem am Wickel.
Max (zieht eine Augenbraue hoch): Na ja … Ich hab halt ein schlechtes Gewissen.
Lena: Genau das ist der Punkt. Da prallen zwei Dinge aufeinander: das, was einfach passiert, also wie Leute sich halt verhalten, und das, was du eigentlich richtig findest.
Max: Also das, was ist, und das, was sein sollte?
Lena (lächelt): Exakt. Und in der Philosophie gibt’s dafür sogar Namen. Wir nennen das deskriptive Ethik, wenn man beschreibt, wie Menschen sich tatsächlich verhalten. Und normative Ethik, wenn’s darum geht, wie sie sich verhalten sollten.
Max: Aha. Und was heißt das für mich jetzt? Soll ich nächstes Jahr zu Hause bleiben und moralisch korrekt Karotten schnitzen, während die anderen ’ne gute Zeit haben?
Lena (lacht): Nicht unbedingt. Aber vielleicht kannst du ja was verändern, statt nur mitzumachen oder gar nichts zu tun. Zum Beispiel nachhaltige Süßigkeiten an der Tür rausgeben, anderen zeigen, dass es auch ohne Plastik geht. Oder einfach mal das Thema ansprechen, ohne gleich mit dem Moralhammer zu kommen.
Max: Hm. Klingt vernünftig. Aber ehrlich – ich hab das Gefühl, das nervt alle, wenn man sowas sagt.
Lena: Kann sein. Aber manchmal ist’s trotzdem wichtig, was zu sagen. Und wer weiß – vielleicht steckt’s ja jemanden an, nächstes Jahr auch umzudenken.
Max: Na super. Dann bin ich halt der Öko-Geist von Halloween.
Lena (grinst): Also ich finde, der Mut steht dir besser als jedes Kostüm.
Was sind normative und deskriptive Ethik?
Mal angenommen, du sitzt mit deinen Freunden im Pausenhof und ihr redet über Regeln und Verhalten. Einer deiner Freunde sagt: „Ich finde, jeder sollte anderen helfen, wenn sie in Schwierigkeiten stecken.“ Ein anderer sagt: „Aber in unserer Klasse ist es meistens so, dass alle einfach wegschauen, wenn jemand gemobbt wird.“
Die erste Aussage gehört zur normativen Ethik, die zweite zur deskriptiven Ethik.
Deskriptive Ethik: „So ist es eben“
Die deskriptive Ethik beschreibt einfach, wie Menschen sich tatsächlich verhalten oder was in einer bestimmten Kultur als normal gilt. Sie stellt also fest, was ist, ohne zu bewerten, ob dieses Verhalten gut oder schlecht ist.
Beispiel:
- Du beobachtest, dass in deiner Klasse viele ihre Hausaufgaben abschreiben. Hier schildert die deskriptive Ethik nur die Tatsache: „Viele in meiner Klasse schreiben ab.“
- Wenn du sagst: „In Deutschland halten sich viele Menschen an Verkehrsregeln“, dann ist das auch deskriptiv – du schilderst, wie etwas in der Realität abläuft.
Die deskriptive Ethik ist also eine Art „Beobachter“, der einfach nur beschreibt, wie Leute sich verhalten. Sie hilft uns, Verhaltensmuster zu erkennen, wie zum Beispiel: „Die meisten Menschen denken an sich selbst, bevor sie anderen helfen.“
Normative Ethik: „So sollte es sein“
Die normative Ethik dagegen sagt, wie Menschen sich verhalten sollten, und fragt, was richtig oder falsch, gut oder schlecht ist. Sie legt also Werte und Regeln fest, die zeigen sollen, wie man sich idealerweise verhält.
Beispiel:
- Du bist der Meinung, dass deine Mitschüler ihre eigenen Hausaufgaben machen sollten, weil das fairer ist. Normative Ethik würde also sagen: „Hausaufgaben abzuschreiben ist unfair und sollte vermieden werden.“
- Wenn du sagst: „Alle sollten ehrlich sein“, gibst du ein moralisches Urteil ab, das zeigt, wie Menschen deiner Meinung nach handeln sollten.
In der normativen Ethik spielen auch universelle Prinzipien eine wichtige Rolle – das heißt, Regeln, die für alle Menschen gelten sollen, egal wo oder wann. Zum Beispiel der berühmte kategorische Imperativ von Immanuel Kant (*1724), der sagt: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Klingt kompliziert, bedeutet aber: Behandle andere so, wie du selbst behandelt werden willst. Solche Grundsätze helfen uns, ein gemeinsames Verständnis von „richtig“ zu finden.

Sind Werte Fakten?
Wir haben schon gelernt, dass es Werte und Normen gibt und dass sie im Leben manchmal Hand in Hand gehen, manchmal aber auch gegeneinander stehen können, so wie Max das gespürt hat.
Aber ein Gedanke treibt Max immer noch um: Kann etwas, das „moralisch richtig“ ist, genauso „wahr“ sein wie eine wissenschaftliche Tatsache?
Manchmal kommt es einem ja so vor: Gerechtigkeit muss doch wirklich wichtig sein. Man will gar nicht darüber diskutieren, weil sich das so klar anfühlt wie ein Naturgesetz.
Aber sind Werte tatsächlich vergleichbar mit Fakten? So sicher wie „Die Erde ist rund“ oder „2 + 2 ergibt 4“?
Oder ist „gut“ und „böse“ letztlich nur eine Frage des persönlichen Geschmacks, ähnlich wie die Frage, ob wir Vanille oder Schokolade lieber mögen? Ein Konzept, das hier oft ins Spiel kommt, ist der moralische Relativismus. Er besagt, dass moralische Überzeugungen stark von den jeweiligen Kulturen und Gesellschaften geprägt sind und dass es keine universellen moralischen Wahrheiten gibt. Was in manchen Kulturen als richtig gilt, wird in anderen als falsch betrachtet. So gibt es in einigen Staaten der USA die Todesstrafe, während sie bei uns in Deutschland längst abgeschafft ist. Doch auch hierzulande gab es sie einmal – was zeigt, dass Werte auch zeitlich relativ sind. Bestimmte Praktiken, die wir heute ablehnen, galten früher als akzeptabel.
Also: Gibt es Werte, die wirklich, immer und für jeden „gültig“ sind, oder ist jede Moral relativ?
Schauen wir mal, wie große Denker das sehen.
In der Philosophie gibt es zwei Hauptlager, die genau auf diese Frage ganz verschiedene Antworten haben: die Realisten und die Antirealisten.
Moralischer Realismus
Platon – Werte als ewige Wahrheiten
Der griechische Philosoph Platon (*427 v. Chr.) war fest davon überzeugt, dass es allgemeingültige moralische Wahrheiten gibt – und dass diese genauso real und unveränderlich sind wie mathematische oder naturwissenschaftliche Gesetze. Für Platon existieren klare Antworten darauf, was richtig oder falsch ist, egal, wie wir uns dabei fühlen oder ob wir es verstehen.
In uns allen steckt nach Platon eine Art „moralischer Kompass“, der uns zu Werten wie Respekt oder Ehrlichkeit führt. Doch nicht jeder hat gelernt, diesen Kompass zu lesen, weshalb es oft Meinungsverschiedenheiten über richtig und falsch gibt. Für Platon waren diese Debatten jedoch kein Zeichen dafür, dass es keine Wahrheit gibt, sondern dass wir Menschen manchmal Schwierigkeiten haben, die wahre Richtung zu erkennen. Zwei völlig gegensätzliche moralische Ansichten, die sich widersprechen, können folglich nicht beide gleichzeitig „wahr“ sein – nur eine von ihnen ist es, auch wenn wir uns nicht einig sind.
Platon glaubte, dass unsere Vernunft uns helfen kann, die moralischen Prinzipien zu begreifen. Ob wir uns gut und richtig verhalten, hängt also nicht nur von einem warmen Bauchgefühl ab, sondern von etwas, das wir klar begründen können.
Diese Prinzipien gehen über unseren Alltag hinaus und sind für Platon ewige und unveränderliche Ideen – wie Orientierungspunkte auf einer Landkarte, die unabhängig von unserer Wahrnehmung existieren. Werte wie Mut oder Schönheit bleiben so konstant, wie der Norden auf einem Kompass immer Norden bleibt.
Arthur Schopenhauer – die Moral des Mitgefühls
Ebenfalls Realist, doch mit einem anderen Fokus, war Arthur Schopenhauer (*1788). Schopenhauer, ein ziemlich eigensinniger Philosoph, meinte, dass das, was uns wirklich moralisch macht, nicht wie bei Platon die Vernunft ist, sondern ein tiefes Gefühl: das Mitgefühl oder „Mitleid“ für andere. Für ihn entsteht Moral aus dem echten Verstehen des Leidens anderer – und aus dem Wunsch, dieses Leiden zu verringern. Wenn du also siehst, dass jemand traurig ist, und du fühlst echtes Mitgefühl, das dich dazu bringt zu helfen, dann handelt es sich um genau dieses moralische Gefühl, das Schopenhauer als entscheidend erachtet.
Im Gegensatz zu Kant, der moralisches Handeln über feste Regeln erklärt, glaubt Schopenhauer, dass Vernunft allein moralisch neutral ist. Die Vernunft entscheidet nicht über gut oder böse, sie ist nur ein Werkzeug, das wir mit unseren Gefühlen und Absichten füllen. Stell dir vor, du hast einen Bleistift: Du kannst damit etwas Schönes zeichnen, ihn als Waffe nutzen oder einfach gar nichts damit machen – so ist die Vernunft für Schopenhauer ein neutrales Werkzeug.
Schopenhauer sagt, es gibt drei Antriebskräfte im Menschen: Egoismus, Bosheit und Mitgefühl.
Egoismus bedeutet, dass du an dich selbst denkst und dich auf deinen eigenen Vorteil konzentrierst. Du willst für dich das Beste, und das ist manchmal moralisch neutral, aber oft auch unfair, weil du dabei vielleicht andere ignorierst oder benachteiligst. Nehmen wir mal Ben: Anstatt sich Mühe zu geben, macht er seine Aufgabe nur halbherzig, weil er die Zeit lieber für sich selbst nutzen möchte – vielleicht, um eine Serie zu schauen oder Computerspiele zu spielen. Ihm ist dabei bewusst, dass sein Verhalten auch Folgen für Max hat, aber das kümmert ihn kaum. Sein Handeln ist nicht aus Bosheit motiviert; er will Max nicht absichtlich schaden. Aber sein Verhalten zeigt Schopenhauers Idee des Egoismus: Ben stellt seine eigenen Bedürfnisse über das Wohl der Gemeinschaft.
Bosheit ist noch eine Stufe schlimmer: Hier geht es darum, anderen bewusst zu schaden, nur weil es dich selbst besser fühlen lässt. In der Schule gibt es vielleicht einen Mitschüler, der eher ruhig und zurückhaltend ist. Andere Schüler ärgern ihn regelmäßig, machen sich über ihn lustig oder schließen ihn aus Gruppenarbeiten aus. Sie tun das, weil sie sich damit stärker oder beliebter fühlen wollen – das wäre Bosheit.
Mitgefühl ist das Gegenteil: Es ist das uneigennützige Wohlwollen für andere. Wenn du jemandem hilfst, ohne daran zu denken, was du davon hast, sondern nur, weil du merkst, dass der andere Hilfe braucht, dann ist das nach Schopenhauer wahre Moral. Für ihn ist es kein moralisches Handeln, wenn du hilfst, um eine Belohnung zu bekommen oder weil du Angst vor Strafe hast – das wäre egoistisch und damit nicht echt. Wirklich moralisch ist es nur, wenn du hilfst, weil du dich in den anderen hineinversetzt und sein Leid so intensiv spürst, dass du es einfach nicht ertragen kannst.
Jetzt fragst du dich vielleicht: „Reicht Mitgefühl allein aus, dass ich immer moralisch handle?“ Es gibt hier tatsächlich einen Einwand: Was, wenn du in einem bestimmten Moment kein Mitgefühl empfindest, weil deine Wut noch größer ist? Schopenhauer stimmt zu, dass wir uns nicht immer auf Mitgefühl verlassen können, da es in einigen Situationen stärker oder schwächer sein kann. Deswegen hält er es für wichtig, dass wir uns einfache Grundsätze wie Gerechtigkeit und Menschenliebe aneignen – als Richtlinien, die uns helfen, unseren Mitmenschen fair und respektvoll zu begegnen. Mit diesen Prinzipien im Kopf können wir in jeder Situation moralisch handeln, auch wenn das Mitgefühl mal nicht so stark durchkommt.
Schopenhauer glaubt außerdem, dass diese moralischen Antriebe in uns unterschiedlich ausgeprägt sind: Bei einigen Menschen überwiegt das Mitgefühl, bei anderen Egoismus oder sogar Bosheit. Der Grund dafür, meint er, ist unser Charakter, der von Natur aus festgelegt ist und sich nicht so leicht ändern lässt. Zwar kann man durch klare Regeln oder Gesetze jemanden davon abhalten, unmoralisch zu handeln, doch das tiefste innere Wollen bleibt unveränderlich. Du kannst jemanden dazu bringen, keine Straftaten zu begehen, aber sein Herz – seinen eigentlichen moralischen Kern – veränderst du damit nicht.
Moralischer Antirealismus
David Hume – Gefühle statt Fakten
Für den schottischen Philosophen David Hume (*1711) ist Moral keine Frage von Tatsachen, sondern eher von persönlichen Gefühlen und Vorlieben – wie beim Musikgeschmack. Es gibt bestimmt ein Lied, das du liebst und das deine Freundin aber absolut schrecklich findet. Beide Meinungen sind okay, weil sie einfach Geschmackssache sind. Für Hume ist das bei moralischen Werten ähnlich: Was wir als „gut“ oder „schlecht“ empfinden, hängt stark von unseren Gefühlen ab. Wenn uns eine Handlung positiv berührt, finden wir sie moralisch richtig, und wenn sie uns negativ trifft, finden wir sie falsch.
Hume meint also, dass Moral vor allem von unseren Empfindungen geprägt ist, nicht von rationalen Gesetzen. Ein Beispiel: Du siehst, wie jemand einem bettelnden Kind ein Stück Brot gibt. Wenn dich das berührt und du denkst: „Ich bin froh, dass er das tut!“, dann basiert dieses Urteil auf deinem Mitgefühl. Für Hume ist das Mitgefühl aber nicht etwa ein universelles Gesetz oder gar die Regel, sondern einfach ein Gefühl, das in dir ausgelöst wird. Ein anderer Mensch könnte diese Situation vielleicht ganz anders bewerten und sagen: „Der hat doch selbst kaum genug – wieso gibt er etwas weg?“ Beide Urteile sind für Hume gleichwertig, weil sie persönliche Reaktionen sind.
Ein wichtiger Gedanke von Hume ist das sogenannte „Sein-Sollen-Problem“: Nur weil die Welt so ist, wie sie ist, heißt das nicht, dass wir daraus ableiten können, wie sie sein sollte. Zum Beispiel kann man nicht automatisch sagen, dass nur weil Menschen manchmal egoistisch sind, auch alle egoistisch sein sollen. Für Hume bleibt es eine individuelle Entscheidung, was für uns moralisch wichtig ist – und jeder kann dazu seine eigene Meinung haben.
Wir merken uns: Auch für Hume spielen Gefühle, genauer gesagt Mitgefühl, eine zentrale Rolle in der Moral. Aber Schopenhauer geht einen Schritt weiter, was ihn zum Realisten macht. Während Hume sagt, dass moralische Urteile persönlich und verschieden sind, findet Schopenhauer, dass Menschen Mitleid mit anderen haben sollten, weil nur so echtes moralisches Handeln möglich wird.
Nehmen wir mal an, du siehst, wie jemand einem verletzten Tier hilft, obwohl er selbst keine Vorteile davon hat. Für Schopenhauer wäre das die höchste Form der Moral – ein Mitgefühl, das keine eigenen Interessen verfolgt. Dieses Mitgefühl ist für ihn die Grundlage einer universellen Moral, weil es den Egoismus überwindet. Hume würde dagegen mit den Schultern zucken und sagen: „Wir empfinden Mitgefühl, aber das heißt nicht, dass es alle so empfinden müssen.“

Es ist Samstagabend, und Lena und Max sitzen auf dem Dach des kleinen Gartenhäuschens im Hinterhof. Während Max ein paar Chips isst, wirft Lena einen letzten Blick in ihr Buch über Ethik. Der Himmel ist orange-rosa gefärbt, und das Zwitschern der Vögel mischt sich mit den Rufen der Kinder von der gegenüberliegenden Straßenseite.
Max (schaut nachdenklich in den Himmel): „Sag mal, Lena … wie hat dieser Hume sich das denn vorgestellt? Dass jeder halt seinen Gefühlen folgt, als gäbe es keine Regeln? Und was passiert dann, wenn jemand einfach … keine Ahnung, das Gefühl hat, ihm gehört die ganze Welt?“
Lena: „Gute Frage, Max. Genau das ist ein Problem, das Hume auch irgendwie offenlässt. Gefühle können uns einerseits helfen, andererseits führen sie manchmal auf den falschen Weg. Du hast völlig recht – wenn man nur auf Gefühle hört, kann das total schiefgehen.“
Max (kaut nachdenklich auf seinen Chips herum): „Also ehrlich, das wäre doch total chaotisch, oder? Stell dir vor, ich würde meiner Wut immer nachgeben – das wäre doch echt übel! Es fühlt sich dann zwar ‚richtig‘ an, aber irgendwie weiß ich doch, dass es falsch ist.“
Lena: „Ja, manchmal braucht es für Entscheidungen mehr als ein Gefühl. Vielleicht eine Art ‚innere Stimme‘ oder moralische Intuition, die tiefer geht als das, was wir im Moment spüren. Das ist etwas, das man mit Vernunft und vielleicht mit dem Nachdenken über Konsequenzen erkennen kann.“
Max (nickt): „Genau das meine ich! Diese ‚Intuition‘ – manchmal weiß man doch, was wirklich richtig ist, auch wenn die Gefühle ganz laut was anderes sagen. Vor kurzem zum Beispiel haben ein paar Jungs aus meiner Klasse in der Pause so ein peinliches Video von Moritz rumgeschickt. Ich fand’s im ersten Moment auch irgendwie witzig, wollte’s fast weiterleiten. Aber dann kam sofort dieses Gefühl: „Nee, das ist nicht okay.“ Ich hab’s gelassen – und später hab ich gemerkt, dass das genau richtig war. Verstehst du? Das war … Ich weiß nicht, wie man das nennt. Moralisches Bauchgefühl halt.“
Lena (nickt beeindruckt): „Exakt, du hast also nicht einfach aus Mitgefühl gehandelt, sondern hast dich von etwas leiten lassen, das tiefer geht als reine Gefühle. Klingt fast ein bisschen wie Kant …“
Max (schnaubt): „Von mir aus. Dieser Hume kann ja gern seine Gefühle haben, aber das reicht mir irgendwie nicht, wenn es um solche Sachen geht. Es fühlt sich nicht komplett … sicher an, weißt du? Ich will einfach wissen, dass ich jemandem helfen sollte, selbst wenn ich das eigentlich gerade nicht mag.“
Lena (grinst): „Also, weißt du, Max … vielleicht haben wir hier einen kleinen Kantianer in der Familie! Der alte Kant würde jetzt stolz nicken und sagen, dass es genau darum geht: Es gibt was in uns, das jenseits von Gefühlen liegt und uns den Weg zeigt, egal ob wir gerade Lust haben, ihm zu folgen, oder nicht.“
Max (lacht und wirft einen Chip in den Himmel): „Kantianer, ich? Der würde sich im Grab umdrehen, wenn er wüsste, dass ich beim Skaten meine ‚innere Stimme‘ finde.“
Lena (kichert): „Stimmt auch wieder. Aber trotzdem: Dass du diesen moralischen Kompass in dir spürst, ist gar nicht so selbstverständlich, wie du vielleicht denkst. Hume würde es dir nicht unbedingt abkaufen.“
Max: „Dann hätte Hume halt Pech gehabt, oder? Ernsthaft, gibt’s noch mehr Philosophen, die anders drauf sind als der Typ? Vielleicht einer, der mal richtig klare Ansagen macht?“
Lena (schmunzelt): „Definitiv. Und einer ist sogar noch kantiger als Kant.“
Friedrich Nietzsche – Von Herren und Sklaven
Auf dem Heimweg vom Skatepark läuft Max nachdenklich neben seiner Schwester her, das Board unterm Arm. Es ist Herbst und der Himmel schon etwas grau, während der Wind die ersten Blätter über den Weg weht. Er wirkt bedrückt, und Lena ahnt, dass es nicht nur wegen des Wetters ist.
Max (mit gesenktem Blick): Vorhin im Park war eigentlich voll die gute Stimmung. Und ich hab den Trick die ganze Woche geübt – das Rail sauber runterzufahren, das ist echt schwer. Man muss das Gleichgewicht halten, und wenn ich nur einen Moment nicht aufpasse, haut es mich hin. Na ja, ich hab’s dann endlich geschafft und war schon ziemlich stolz. Aber … die anderen haben’s einfach ignoriert.
Lena (zieht die Augenbraue hoch): Wirklich? So gar kein Spruch oder so?
Max: Nur Alex, kennst du den? Der meinte gleich: „Muss man sich so krass in Szene setzen?“ – und die anderen haben gelacht. Dabei wollte ich einfach zeigen, dass ich’s endlich draufhab. Jetzt fühl ich mich wie ein Poser. Bin ich das?
Lena: Ich glaub, du wolltest dich nicht wichtigmachen, sondern zeigen, was du kannst. Der Unterschied ist entscheidend.
Max: Ja, aber wenn’s am Ende so rüberkommt? Ich trainiere hart, freu mich – und dann wirkt’s gleich überheblich. Ist Ehrgeiz jetzt uncool?
Lena: Kommt drauf an, wen du fragst. Friedrich Nietzsche hätte gesagt: Im Gegenteil.
Max (skeptisch): Der Typ mit dem Schnurrbart? Ich dachte, Philosophen sind voll moralisch und wollen, dass alle bescheiden sind und so.
Lena (lacht): Nietzsche war da anders drauf. Er fand, dass viele Moralregeln uns kleinhalten. Er wollte, dass Menschen stark sind. Die, die ihn missverstehen, denken manchmal, dass er schwächere Menschen damit abwerten wollte. Aber darum geht es gar nicht. Es geht eher darum, sich nicht zu entschuldigen, wenn man etwas aus eigener Kraft geschafft hat. Statt dich zu fragen, was andere denken, solltest du dich fragen: Wächst du daran?
Max: Hm … also nicht Egoismus, sondern eher: sich treu bleiben?
Lena: Genau. Wenn du deinen Ehrgeiz nutzt, um besser zu werden, ist das kein Angeben, sondern Wachstum. Erst wenn du andere kleinmachst, kippt’s.
Max (nickt): Klingt fair. Ich wollte ja niemanden runterziehen. Ich wollt nur zeigen, dass ich’s geschafft hab.
Lena: Und das ist total okay.
Max: Aber wenn ich jetzt voll arrogant werde, würdest du mich trotzdem stoppen, oder?
Lena (schmunzelt): Keine Sorge. Sobald du anfängst, dein Spiegelbild auf dem Board zu bewundern, nehm ich es dir ab.
Nietzsche meinte, dass viele unserer moralischen Vorstellungen wie Bescheidenheit oder Zurückhaltung gar nicht entstanden sind, um uns glücklich zu machen, sondern eher, um uns kontrollierbar zu halten. Er fand, dass klassische Moral oft nur eine Art „Anleitung“ dafür ist, wie wir brav und angepasst leben sollen. Aber für ihn war das ein Weg, der viele Menschen schwächer macht und ihnen Selbstbewusstsein raubt.
Er unterschied zwischen zwei grundlegenden Arten von Moral.
Herrenmoral: Für Nietzsche sahen starke, selbstbewusste Menschen in Stolz, Kraft und Mut etwas Gutes und fühlten sich nicht schlecht, wenn sie aus der Masse herausstachen. Ein Beispiel aus der heutigen Zeit wäre vielleicht ein talentierter Skater wie Max, der seine Skills ohne schlechtes Gewissen zeigt und sich von Neidern nicht beeinflussen lässt.
Sklavenmoral: Diese Form der Moral entwickelte sich laut Nietzsche aus der Sicht derer, die nicht stark oder stolz sein konnten und die sich oft klein oder unterlegen fühlten. Sie begannen, Werte wie Bescheidenheit und Gehorsam zu idealisieren, und nannten diese „moralisch gut“. Nietzsche glaubte, dass diese Moral die Starken dazu bringen sollte, sich zurückzuhalten, und so die Schwächeren besser dastehen ließ. Das bedeutet nicht, dass es „falsch“ ist, freundlich oder bescheiden zu sein – Nietzsche sah jedoch ein Problem darin, wenn solche Werte verwendet werden, um andere zu bremsen.
Nietzsche ist natürlich provokativ und du könntest dich jetzt fragen: Ist das nicht total egoistisch? Doch Nietzsche glaubte, dass Stolz oder Stärke nicht unbedingt bedeuten, dass man rücksichtslos wird. Wer wirklich stark ist, so meinte er, hat es nicht nötig, andere zu unterdrücken.
Moral ist für Nietzsche also nichts Feststehendes – wir sollten uns die Freiheit nehmen, eigene Werte zu entwickeln und unser Leben nach ihnen auszurichten. Und er fordert uns auf, uns selbst nicht zu unterschätzen.
Für Nietzsche war das der einzige Weg, wirklich authentisch und frei zu leben.
Und wenn jemand sagt: „Das macht man nicht!“ – dann stellt Nietzsche die Gegenfrage: „Warum eigentlich nicht? Wer entscheidet das? Und warum sollte ich mich daran halten?“nicht? Wer entscheidet das? Und warum sollte ich mich daran halten?“

Was heißt das für uns?
Also was jetzt? Sind Werte Fakten? Wie so oft in der Philosophie hängt das davon ab, wen du fragst. Nach Platon existieren Werte so sicher wie mathematische Gesetze. Für Hume sind sie nicht mehr als persönliche Geschmackssache. Schopenhauer sieht Werte als etwas, das tief aus uns herauskommt und eng verbunden ist mit unserem Drang zu leben und zu überleben. Und für Nietzsche sind unsere Werte ein unbehinderter Ausdruck unseres Willens.
Die Entscheidung, wem man glaubt, bleibt jedem selbst überlassen. Vielleicht findet ihr auch eigene Antworten und merkt: Werte sind vielleicht nicht Fakten – aber sie machen definitiv einen Unterschied darin, wie wir miteinander umgehen.
Ausblick
Heute haben wir die Tür zur Ethik nur einen Spalt geöffnet. Wir haben erst mal den Begriff Ethik geklärt und uns die Grundlagen unserer Handlungsentscheidungen angeschaut. Doch hat man einmal diese Tür aufgestoßen, stellen sich etliche weitere wichtige Fragen: Wie können wir gut leben? oder Sollten Tiere die gleichen Rechte wie Menschen haben? Und, und, und …
Wer sich schon ein bisschen auskennt, hat vielleicht auch festgestellt, dass wir Kant zwar beiläufig erwähnt haben, aber auf seinen berühmten Kategorischen Imperativ noch gar nicht genauer eingegangen sind.
Im nächsten Artikel lernen wir drei grundlegende ethische Ansätze kennen, die das „Warum“ und „Wie“ moralischer Entscheidungen aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten:
- Konsequenzen – Die Folgen zählen. Hier geht es darum, dass eine Handlung danach beurteilt wird, ob sie gute oder schlechte Folgen hat. Der wohl bekannteste Vertreter dieser Position ist John Stuart Mill mit dem Utilitarismus, dessen Motto lautet: „Das meiste Gute für die meisten Menschen.“ Er fordert, dass wir das Wohl so vieler Menschen wie möglich im Blick haben, aber das bringt auch Fragen mit sich – was ist mit den Bedürfnissen einzelner Personen?
- Pflichten – Moralische Regeln sind unabhängig von den Konsequenzen. Immanuel Kant, ein Philosoph aus dem 18. Jahrhundert, stellte die Idee in den Mittelpunkt, dass wir Pflichten haben, die unter allen Umständen gelten. Zum Beispiel, immer die Wahrheit zu sagen, auch wenn es wehtut. Dieser Ansatz fordert absolute moralische Regeln, die uns als Menschen leiten sollen. Aber wie praktikabel ist das?
- Tugenden – Der Charakter zählt. Hier rückt die Frage in den Vordergrund: Welche guten Charaktereigenschaften braucht es, um ein gelungenes, moralisches Leben zu führen? Aristoteles war der Meinung, dass es nicht nur darum geht, was wir tun, sondern auch, wer wir sind. Werte wie Mut, Gerechtigkeit und Ehrlichkeit sind für ihn Tugenden, die wir kultivieren müssen, um gute Entscheidungen zu treffen und uns moralisch zu entwickeln. Aber wie kann man diese Tugenden fördern?
Diese Ansätze helfen uns dabei, die Moral von verschiedenen Seiten zu betrachten und ein besseres Verständnis davon zu bekommen, was gutes Handeln ausmacht. Wenn du also wissen willst, was die Philosophen dazu sagen und wie du selbst für dich herausfinden kannst, welcher ethische Ansatz dir liegt, dann bleib gespannt – im nächsten Artikel werfen wir uns gemeinsam in dieses Abenteuer der Ethik.
An dieser Stelle wie immer Literatur für euch, um euer Wissen zu vertiefen. Anhand folgender Originalquellen könnt ihr die Argumente und Denkweisen hinter Realismus und Antirealismus verstehen und Einblicke in die Grundpositionen erhalten, die die Ethik bis heute prägen.
- Platon — „Der Staat“/„Politeia“ (ca. 375 v. Chr.) Die zentrale Quelle für Platons Ideen zu moralischen Werten und dem Guten an sich. In diesem Dialog entwickelt Platon seine Vorstellung von objektiven moralischen Wahrheiten, die unabhängig von unserer Wahrnehmung existieren.
- Immanuel Kant
- „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ (1785)
In dieser klassischen Schrift erklärt Kant seine Ethik der Vernunft und den berühmten Kategorischen Imperativ. Hier wird deutlich, warum Kant den moralischen Realismus vertritt und wie er Moral mit objektiven Regeln verknüpft, die für alle Menschen gelten sollen. - „Kritik der praktischen Vernunft“ (1788)
Für ein vertieftes Verständnis seiner moralischen Theorie ist die „Kritik der praktischen Vernunft“ wichtig, in der Kant zeigt, wie wir moralische Gesetze durch reine Vernunft erkennen können.
- „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ (1785)
- Arthur Schopenhauer — „Die beiden Grundprobleme der Ethik“ (1841) Schopenhauer geht hier detailliert auf seine Ethik des Mitleids ein und formuliert eine gegen Kant gerichtete Moraltheorie, die nicht auf Vernunft, sondern auf Mitgefühl basiert.
- David Hume
- „Eine Untersuchung über die Prinzipien der Moral“ (1751)
In diesem Werk entfaltet Hume seine Position des moralischen Antirealismus, wonach moralische Urteile auf Gefühlen beruhen und nicht auf objektiven Fakten. - „Ein Traktat über die menschliche Natur“, Buch 3: „Von der Moral“ (1739-40)
Hier entwickelt Hume sein berühmtes „Sein-Sollen“-Problem und legt die Basis für seine Ansicht, dass Moral nur aus der Natur des Menschen und seinen Leidenschaften resultiert und nicht durch Vernunft erfasst wird.
- „Eine Untersuchung über die Prinzipien der Moral“ (1751)
- Friedrich Nietzsche — „Zur Genealogie der Moral“ (1887) In diesem Werk analysiert Nietzsche, wie Moralvorstellungen historisch entstanden sind und inwieweit sie die menschliche Stärke fördern oder schwächen.
- Aristoteles – „Nikomachische Ethik“ (ca. 340 v. Chr.) Aristoteles fragt, was ein gutes Leben ausmacht – und kommt zu dem Schluss: Glück entsteht durch Tugend. Ein Mensch handelt ethisch, wenn er Maß und Mitte findet, also nicht zu viel und nicht zu wenig tut. Moralisches Handeln bedeutet, vernünftig und ausgewogen zu leben.
- Peter Singer – „Praktische Ethik“ (1979) Singer überträgt ethisches Denken auf konkrete Probleme der Gegenwart – von Tierethik über Armut bis Sterbehilfe. Seine zentrale Idee: Wir sollten so handeln, dass wir Leid verringern und Glück fördern – für alle fühlenden Wesen, nicht nur für Menschen. Damit wird Ethik zu etwas, das unser tägliches Handeln direkt betrifft.
Sapere aude! 🙂
Und jetzt seid ihr wieder dran: Die PhiloLounge gibt euch eine Bühne für euer ganz eigenes Gedanken-Stand-up. Hier gibt es keine falschen Antworten, nur euren persönlichen Blick auf die Welt. Lasst euren Gedanken freien Lauf und teilt sie mit uns — Ich bin gespannt, was ihr zu sagen habt!
Meine Fragen an eure Runde:
- Würdest du auch moralisch handeln, wenn du unsichtbar wärst und niemand es bemerken würde? (Platon glaubte, dass Menschen nur deshalb keine bösen Dinge tun, weil sie wissen, dass sie dafür bestraft werden.) Und wie fühlst du dich, wenn du etwas Gutes tust, ohne dass es jemand merkt?
- Fällt dir ein Gesetz ein, das dir schon mal falsch vorgekommen ist? Hast du es dann gebrochen, und wenn ja, warum?
- Eine Freundin bittet dich um Unterstützung bei etwas, das dir wenig bringt, aber viel Zeit kostet. Würdest du ihr helfen? Warum?
- Ein Freund hat dir ein Geheimnis verraten und dich gebeten, es für dich zu behalten. Aber was, wenn dieses Geheimnis jemand anderem schaden könnte? Würdest du trotzdem dein Versprechen halten?
… Los geht’s!
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